| Ein Leben hinter Gittern Strafvollzug in Nordrhein-Westfalen Seit dem Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes werden Arbeit und Beschäftigung der Gefangenen nicht mehr als ein Teil der Strafe oder unter fiskalischen Gesichtspunkten gesehen, sondern als ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung des Gefangenen. Beim Arbeitseinsatz geht es vorrangig darum den Gefangenen Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln. Das Schwergewicht der Bemühung liegt darin, entsprechende Arbeitsplätze zu schaffen und die Verhältnisse in den Arbeitsbetrieben denen der freien Wirtschaft möglichst anzuugleichen. Nach dem Strafvollzugsgesetz erhalten beschäftigte Gefangene ein Arbeitsentgelt. Die Monatsbezüge belaufen sich im Durchschnitt auf 250 Euro, laut Stand 2010. Die Gefangenen können drei Siebtel ihrer Bezüge für ihre persönlichen Bedürfnisse während der Inhaftierung in Anspruch nehmen; der Rest wird zur Überbrückung der Zeit nach der Entlassung angespart. Einrichtungen im Frauenstrafvollzug In Nordrhein-Westfalen stehen für weibliche Gefangene, einschließlich der Untersuchungsgefangenen, rund 900 Haftplätze in sechs Justizvollzugsanstalten, (JVA), darunter 28 Plätze im Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg, zur Verfügung. Die erwachsenen weiblichen Gefangenen sind in der JVA Willich II in Anrath untergebracht, einer reinen Frauenanstalt, sowie in besonderen Abteilungen der JVA Bielefeld-Brackwede I, Gelsenkirchen, Köln und in der Zweiganstalt Dinslaken der JVA Duisburg-Hamborn. Jugendstrafen an weiblichen Gefangenen wird ausschließlich in einer besonderen Abteilung der JVA Köln vollzogen. Berufliche Bildungsmaßnahmen Das Berufsbildungsangebot umfasst mehr als 170 Ausbildungsplätze in folgenden Bereichen: Bürokommunikation, Damenschneiderin, Floristin, Friseurin, Garten- und Landschaftsbau, Nährin, Hauswirtschaft und Textlreinigerin. Behandlung Die Besonderheiten des Frauenvollzuges haben dazu geführt, dass weiblichen Gefangenen innerhalb der Vollzugseinrichtungen im allgemeinen mehr Freiheit gewährt wird als männlichen Gefangenen. Weibliche Gefangene dürfen in der Freizeit grundsätzlich eigene Kleidung tragen. Auch die Ausstattung der Haftzelle mit eigenen Gegenständen und Gardinen, wird meist großzügiger gehandhabt als bei männlichen Gefangenen. Ausländer im Strafvollzug Der Anteil der Gefangenen ausländischer Staatsangehörigkeit an der Gesamtbelegung der Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen beträgt rund 30 Prozent. Am 31. März 2002 befanden sich unter der Gesamtbelegung von 18.589 Gefangenen 5.721 Personen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, und zwar 5.457 Männer und 264 Frauen aus 114 Herkunftsländern. Der Anteil der ausländischen Gefangenen betrug bei den Untersuchungsgefangenen 44,4Prozent, bei den erwachsenen Strafgefangenen 23,8 und im Jugendstrafvollzug 25,0 Prozent. Der überproportional hohe Anteil der Ausländer an den Inhaftierten stellt die JVA vor zahlreichen Schwierigkeiten. Die mit der Freiheitsentziehung verbundenen Beschränkungen treffen im Strafvollzug zwar alle Gefangenen; für ausländische Gefangene sind sie aber besonders spürbar, weil ihnen weithin die Voraussetzungen dafür fehlen, sich in der zusätzlich isolierenden Umgebung einer JVA zurechtzufinden und nach dem geltenden Recht auch ihnen zustehenden Chancen wahrzunehmen. Betreuung der Gefangenen Die Gefangenen haben das Recht, die religiöse Betreuung und den geistlichen Beistand eines Seelsorgers ihrer Religionsgemeinschaft in Anspruch zu nehmen und – wenn nicht schwerwiegende Gründe dagegen stehen – am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen teilzunehmen. Die Durchführung der Seelsorge ist Aufgabe der Kirchen. Mit ihrem Einvernehmen werden bei den Justizvollzugsanstalten Seelsorger im Hauptamt beschäftigt, durch Vertrag verpflichtet oder im Einzelfall zugelassen. Dabei verbietet das für den Staat verbindliche Gebot weltanschaulich-religiöser Neutralität jede unzulässige Beeinflussung der Seelsorger im seelsorgerischen und diakonischen Bereich. Gesundheitsfürsorge für Gefangene Wie freie Kassenpatienten haben Gefangene Anspruch auf eine ausreichende zweckmäßig und wirtschaftliche Krankenpflege. Die Maßnahmen umfassen insbesondere die Untersuchung bei der Aufnahmen, vor dem Arbeitseinsatz oder der Teilnahme an schulischer oder beruflicher Bildung, ferner Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten sowie Krankenpflege in Form von ärztlicher und zahnärztlicher Behandlung, Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heilmitteln und Brillen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln sowie Zuschüsse zu den Kosten für zahntechnische Leistungen bei Zahnersatz und Zahnkronen. Im Mittelpunkt der stationären Unterbringung erkrankter Gefangener steht das JVA-Krankenhaus Nordrhein-Westfalen in Fröndenberg. Es ist mit 228 Plätzen auf sechs Stationen für Männer und einer Station für Frauen sowie acht Plätzen auf einer Intensivstation das größte seiner Art in der Bundesrepublik. Drogenabhängige Gefangene Die Zahl der Drogenabhängigen im Justivollzug hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen und liegt inzwischen bei mehr als einem Drittel der Gesamtbelegung. Der Justizvollzug ist trotz aller Bemühungen für einen Drogentherapie im engeren Sinne nicht bestimmt und auch nur sehr begrenzt dazu in der Lage. Die Aufgabe des Justizvollzuges besteht so in erster Linie darin, Drogenabhängige möglichst frühzeitig in externe Therapieeinrichtungen zu vermitteln. HIV Der Information und Aufklärung über AIDS wird im Justizvollzug ebenso wie in der Allgemeinbevölkerung große Bedeutung beigemessen. Bei den betroffenen Gefangenen kann jedoch nicht vorausgesetzt werden, dass ihr soziales Verantwortungsbewusstsein sie veranlasst, sich so zu verhalten, dass eine Übertragung der Infektion ausgeschlossen ist. Bei positiven Untersuchungsergebnis nehmen die infizierten Gefangenen grundsätzlich am allgemeinen Vollzugsleben teil. Wohl werden sie meist in Einzelzellen untergebracht. Freizeitgestaltung Viele Gefangene sind unter anderem auch deswegen straffällig geworden, weil sie mit ihrer freien Zeit nicht verantwortlich umgehen konnten. Die Vollzugsanstalten sind angehalten, ein entsprechendes, auf die Bedürfnisse der Gefangenen Angebot an Freizeitbeschäftigungen zu bieten. Es ist erwiesen, dass die Teilnahme an Freizeitgruppen zu größerer Ausgeglichenheit, einem Abbau von Aggressionen, offeneren Auftreten, Vermehrung der Eigeninitiative der Gefangenen und allgemein zu einer Verbesserung der Atmosphäre in den Anstalten führt. Sport Besonderer Wert wir auf eine Intensivierung des Sport gelegt. Insgesamt nehmen rund 40 Prozent der Inhaftierten dieses Angebot wahr. Inzwischen verfügen viele JVA über recht gute Sportanlagen. Der Gefangenensport bietet Möglichkeiten, den Prozess der Integration in das Leben der Freiheit schon während der Haftzeit zu fördern. Medienwelt & Bücher In den Justizvollzugsanstalten von NRW, nehmen die Gefangenen – soweit dies angeboten wird – am Gemeinschaftsempfang des Rundfunk- und Fernsehprogramms teil. Auch sind Zelleneigene Hör- und TV-Geräte erlaubt. Diese müssen jedoch selbst finanziert werden. Die regelmäßige Lektüre von Zeitungen und Zeitschriften decken einen weiteren Bereich der Informations- und Unterhaltungsmöglichkeit ab. Manche Inhaftierte, die „draußen“ nur selten oder nie ein Buch in die Hand genommen haben, gewöhnen sich im Strafvollzug das Lesen an. Hierzu stehen ihnen die Büchereien der jeweiligen Gefängnisse zur Verfügung. Gefangenenzeitungen In vielen Vollzugsanstalten werden Gefängniszeitungen herausgegeben. Sie werden grundsätzlich von Gefangenen in ihrer Freizeit gestaltet. Herausgeber sind in der Regel die jeweiligen Anstaltsleitungen; ihnen obliegt es, dafür zu sorgen, dass sich die Gestaltung im Rahmen der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen bewegt. Altersstrukturen der Gefangenen Von den im Jugendstrafvollzug befindlichen Gefangenen (1.537) waren am Stichtag 11,0 Prozent im Alter zwischen 14 und 18 Jahren. 47,8 Prozent waren 18 Jahre bis unter 21 Jahre, 41,2 Prozent waren 21 Jahre und älter. Von den erwachsenen Strafgefangenen (12.483) waren 9,7 Prozent unter 25 Jahre, 22,6 Prozent zwischen 25 und 30 Jahre, 37,7 Prozent zwischen 30 und 40 Jahre und 20,4 Prozent zwischen 40 und 50 Jahre. 9,6 Prozent waren über 50 Jahre alt. (Stand: 2010). Text + Fotos: Simone Brockes Aktuelle Reportagen + Fotos aus dem Gefängnisalltag auf Anfrage. simone.brockes@t-online.de - JVA Aachen, Krefelder Straße 251, 52070 Aachen / Zweiganstalt Aachen, Adalbertsteinweg 92 52070 Aachen
- JVA Attendorn, Biggeweg 5-7, 57439 Attendorn / Zweiganstalt Siegen, Unteres Schloss 3, 57072 Siegen
- JVA Bielefeld-Brackwede I, Umlostrasse 100, 33649 Bielefeld
- JVA Bielefeld-Brackwede II, Zinnstraße 33, 33649 Bielefeld
- JVA Bielefeld-Senne, Senner Straße 250, 33659 Bielefeld
- JVA Bochum, Krümmede 3, 44791 Bochum
- JVA Bochum-Langendreer, Lütgendortmunder Hellweg 212, 44894 Bochum
- JVA Büren, Stöckerbusch 1,33142 Büren
- JVA Castrop-Rauxel, Lerchenstraße, 44581 Castrop-Rauxel
- JVA Detmold, Bielefelder Straße 78, 32756 Detmold
- JVA Dortmund, Lübecker Straße 21, 44135 Dortmund
- JVA Düsseldorf, Ulmerstraße 95, 40476 Düsseldorf
- JVA Dusiburg-Hamborn, Goethestraße 3, 47166 Duisburg
- JVA Essen, Krawehlstraße 59, 45130 Essen
- JVA Euskirchen, Kölner Straße 250, 53879 Euskirchen
- JVA Krankenhaus NRW, Hirschberg 9, 58730 Fröndenberg
- JVA Geldern, Aldenhofstraße 99-101, 45883 Gelsenkirchen
- JVA Hagen, Gerichtsstraße 5, 58097 Hagen
- JVA Hamm, Bismarckstraße 5, 59065 Hamm
- JVA Heinsberg, Wichernstraße 5, 52525 Heinsberg
- JVA Herford, Eimterstraße 15, 32049 Herford
- JVA Hövelhof, Staumühler-Straße 284, 33161 Hövelhof
- JVA Iserlohn, Heidestraße 41, 58640 Iserlohn
- JVA Kleve, Krohnestraße 11, 47533 Kleve
- JVA Köln, Rochusstraße 350, 50827 Köln
- JVA Moers-Kapellen, Luiter Straße 180, 47447 Moers
- JVA Münster, Gartenstraße 26, 48147 Münster
- JVA Remscheid, Masurenstraße 28, 42899 Remscheid
- JVA Rheinbach, Aachener Straße 47, 53359 Rheinbach
- JVA Schwerte, Gillstraße 1, 58239 Schwerte
- JVA Siegburg, Luisenstraße 90, 53721 Siegburg
- JVA Werl, Langenwiedenweg 46, 59457 Werl
- JVA Willich I, Gartenstraße 1, 47877 Willich
- JVA Willich II, Gartenstraße 2, 47877 Willich
- JVA Wuppertal, Simonshöfchen 26, 42327 Wuppertal
(Quelle: NRW-Justizministerium, Düsseldorf) | | |